02.09.2021 - 39 Arten festgestellt

Ein Paradies für Libellen zwischen Mehlen und Giflitz

Von Wolfgang Lübcke
Mehlen/Giflitz. Als „Supergebiet“ bezeichnet der NABU-Libellenexperte Wilhelm Breßler (Ederbringhausen) das ehemalige Kiesgrubengelände zwischen Mehlen und Giflitz. Allein hier wurden 39 Libellen-Arten festgestellt. im Bereich der Gemeinde Edertal sind es insgesamt 41 Arten. Zum Vergleich: In Hessen wurden bisher 66 und deutschlandweit 81 Arten festgestellt. Alle Libellen-Arten sind nach dem Bundesnaturschutzgesetz geschützt, von den 41 in Edertal vorkommenden Arten stehen 18 auf der Roten Liste.

Die Blaugrüne Mosaikjungfer verdankt ihren Namen dem charakteristischen Farbmuster. (Foto: Jens Freitag)

Die mediterrane Feuerlibelle dehnt durch den Klimawandel ihr Verbreitungsgebiet nach Norden aus. (Foto: Jochen Tamm)

Libellenarten zu bestimmen, ist gar nicht so leicht, weil sie rasant fliegen und ihre Merkmale oft nur erkennbar sind, wenn sie nah genug an einer Pflanze sitzen. Hilfreich ist es, wenn dann ein gutes Foto gelingt und man ein Bestimmungsbuch zu Rate ziehen kann. An unserem kleinen Gartenteich beobachten wir alljährlich noch bis in den Oktober hinein die häufige Großlibelle Blaugrüne Mosaikjungfer, an der wir beispielhaft gut die Lebensweise von Libellen studieren können. Ihre vier Flügel sind mit einer gut ausgebildeten Flugmuskulatur unabhängig voneinander bewegbar. Libellen gehören zu den effektivsten Jägern unter den heimischen Insekten. Ihre Augen setzen sich aus bis zu 30.000 Einzelaugen zusammen, mit denen sie insbesondere Mücken und Fliegen, noch aus zwanzig Meter Entfernung wahrnehmen können. Die im Wasser lebenden Libellen-Larven leben auch räuberisch. Mit Hilfe einer Fangmaske, die sie blitzschnell nach vorn schnellen lassen können, fangen sie kleine Wasserinsekten, aber auch Kaulquappen von Amphibien. Gelegentlich entdecken wir an aus dem Wasser ragenden Binsenstängeln eine Haut, die zurück bleibt, wenn sich die Larve vollkommen verwandelt und aus dem Wasser- ein Landlebewesen wird. Eine andere leicht erkennbare, ebenfalls häufige Libellenart ist der Plattbauch. Dieser ist auch an Gartenteichen anzutreffen. Den typischen breiten, himmelblauen Hinterleib weist aber nur das Männchen auf. Das bräunliche Weibchen könnte man glatt als Vertreterin einer anderen Art ansehen. Der Plattbauch ist eine Pionierart, die neu angelegten Teiche liebt, die vegetationsarm und besonnt sind. Neben den „Allerweltsarten“ wie Blaugrüne Mosaikjungfer und Plattbauch weist die Edertaler Libellen-Fauna aber auch einige Besonderheiten auf.

Der wissenschaftliche Name der Gebänderten Prachtlibelle bedeutet Glänzender Schönflügel. (Foto: Jochen Tamm)

Nur die Plattbauch-Männchen weisen einen hellblauen Hinterleib auf. (Foto: Jens Freitag)

Vom eng begrenzten Lebensraum her ist die Gestreifte Quelljunger zu nennen. Sie lebt nur in kühlen und sauerstoffreichen Quellbereichen von Bächen. Die stark gefährdete Libelle zählt zu den bemerkenswerten Arten des Nationalparks Kellerwald Edersee. An der Eder ist die Gebänderte Prachtlibelle anzutreffen. Wegen ihrer metallisch schillernden blauen Farbe und den transparenten Flügeln mit dunklen Bändern der Männchen gilt sie als Edelstein unter den Libellen. Eigentlich bewohnt sie langsam fließende Bäche und krautreiche kleinere Flüsse, die relativ sauber sind sowie ausreichend besonnt werden. Diese Art profitiert von den Nebengerinnen, die im Rahmen der Renaturierung des Flusses entstanden sind. Auch für die stark gefährdete Kleine Zangenlibelle dürfte sich die Eder-Renaturierung positiv ausgewirkt haben, denn sie besiedelt reich strukturierte, naturnahe Flüsse mit flachen Ufern und guter Wasserqualität. Ein größerer Bestand existiert allerdings an der Eder oberhalb des Stausees, weil dort die Wassertemperatur für diese Art höher und damit günstiger ist. Als Gewinnerin des Klimawandels gilt die Feuerlibelle. 1998 gelang der erste Nachweis in Nordhessen. Seitdem hat sie sich deutlich ausgebreitet. Sie braucht warme Stillgewässer mit einer reichen Unterwasser-Vegetation, wie sie zum Beispiel im Naturschutzgebiet „Schwimmkaute bei Mehlen“ existiert.

Das Startseitenfoto zeigt eine Gestreifte Quelljungfer – eine bemerkenswerte Art im Nationalpark. (Foto: Jochen Tamm)