Von Wolfgang Lübcke
Edertal. Gleich drei Edertaler Dorfnamen lassen sich auf ihre Lage an Eder und Wese zurückführen. Der Name Hemfurth lässt sich leicht mit der Lage des Dorfes an der Eder zu erklären. Aber was haben Anraff und Giflitz mit Fließgewässern zu tun?
Doch zunächst zu Hemfurth: In zahlreichen Ortsnamen deutet -furt oder furth auf die Lage an einer Furt durch einen Fluss hin, zum Beispiel Frankfurt, Schweinfurt und Ochsenfurt am Main, Erfurt an der Gera oder Treffurt an der Werra. Eine Furt ist eine natürliche Flachstelle, an der man den Fluss überqueren konnte. Über Jahrhunderte war das die einzige Möglichkeit, über die Eder zu gelangen, wenn man nicht wie zum Beispiel in Bergheim einen Fährmann in Anspruch nehmen konnte. Über zwei Jahrhunderte hinweg war die 1779 in den Kirchenbüchern belegte Brücke von Affoldern die einzige im unteren Edertal. Deshalb waren die Bewohner vieler Dörfer nach wie vor auf Furten durch den Fluss angewiesen. Furten begünstigten im Mittelalter die Gründung von Siedlungen, so auch von Hemfurth, das 1216 zum ersten Mal in einer Urkunde des Klosters Bredelar erwähnt wird. Der Namensbestandteil „hem“ (= heim) deutet auf eine Siedlung hin.
Der Name Anraff ist entstanden aus „an der Aff“ und bedeutet „am Wasser“ oder „an dem Fluss“. In der ersten Auflage des Ortssippenbuches von Anraff (1953) erklärt Lehrer Heinrich Schreff den Namen des Dorfes so: „Aff (…) ist das keltische Wort für Wasser. Die Ansiedlung lag an der Aff, nämlich an der Eder und dem aus dem Bachgraben kommenden Bache.“
„Aff“ ist sprachlich verwandt mit dem lateinischen Wort für Wasser, nämlich „aqua“. Heinrich Schreff schreibt weiter: „Durch Abschleifen einzelner Laute beim Sprechen wurde aus den drei Wörtern eins, eben Anraff. Wenn man die Namensgebung verstehen will , muss man wissen, dass die Eder bis zu ihrer Begradigung bis zum Jahr 1849 in einem großen Bogen unmittelbar am Dorfrand vorbei floss. Bezeichnungen wie „Edergarten“ und „Insel“ für Bereiche am östlichen Ortsrand deuten noch darauf hin. Dort, wo heute die Straße „Im Bergblick“ existierte noch bis in die 1960er Jahre ederseits ein größeres Schilfgebiet, das den alten Ederlauf markierte. Noch heute gibt es oberhalb des ehemaligen Bahnhofs am Weg zum Sportplatz einen kleinen Schilfrest, der an den früheren Flussverlauf erinnert.
Seine frühe Ersterwähnung im Jahr 786 verdankt Giflitz einem Güterverzeichnis des Klosters Hersfeld. Die wohl plausibelste Erklärung des Dorfnamens ist die Ableitung von der Gabelung des Wese-Bachs im Ortsbereich. Denn „Giffel“ ist nach Grimms „Deutschem Wörterbuch“ die Bezeichnung für eine Bachgabelung. Und tatsächlich: Oberhalb des alten Ortskerns gabelt sich die Wese und fließt an der Bundesstraße wieder zusammen. Der Weg dorthin heißt „Auf der Insel“. Interessant an dieser Namenserklärung ist, dass der Bach im Bereich von Giflitz früher „Giffeltze“ genannt wurde, wie der Waldeckische Geschichtsforscher Varnhagen berichtet.
Der siebte Edertaler Ort, dessen Name auf die Natur zurückgeführt wird, ist das 850 erstmals erwähnte Affoldern. Dieser Name soll von dem althochdeutschen Wort „affoltra“ herrühren, das Apfelbaum bedeutet. Das entsprechende mittelhochdeutsche Wort lautet „aphalter“. Apfelbäume gab es früher in großer Zahl um das Dorf. Auf einem historischen Foto ist ein größerer Streuobstbestand zur Eder hin zu sehen, dort, wo heute die Gärten vorhanden sind.
(Die Eder nahe Anraff. Startseitenfoto: Uli Klein)