Von Wolfgang Lübcke
Edertal. Um uns über die Fische der Eder zu informieren, begleiten wir Stefan Vogt vom Ederfischereiclub beim Fliegenfischen. Treffpunkt ist die Bank am Ederufer zwischen Mehlen und Giflitz.
Diese ist auf seine Anregung so ausgerichtet, dass man einen schönen Blick auf den Fluss hat. An dieser Stelle hat man auch einen Zugang zur Eder, weil dort im Rahmen von der Renaturierung Kies eingebracht wurde, eine wichtige Artenschutzmaßnahme für die in Kies laichenden Fischarten, insbesondere Bachforelle und Äsche. Der Ederfischereiclub, gegründet 1923, hat in seiner fast 100-jährigen Geschichte immer wieder für die Erhaltung und Verbesserung des Fluss-Lebensraums gekämpft. So klagte er in den 1950er Jahren leider vergeblich gegen die schädliche Ausbaggerung der Eder bei Wellen. Im Jahr 1969 protestierte er gegen die erneute Flussregulierung bei Anraff. Schon lange zurück liegen seine ersten Bemühungen um die Renaturierung. Er unterstützte 1993 eine Diplomarbeit mit konkreten Vorschlägen für den Bereich Affoldern. Es bedurfte jedoch erst der der im Jahr 2000 in Kraft getretenen Europäischen Wasserrahmenrichtlinie, um in der Sache weiterzukommen. Im Zeitraum 2013 bis 2018 konnte endlich eine vorbildliche Renaturierung realisiert werden. Stefan Vogt lobt bei diesem Projekt ausdrücklich die stets gute Zusammenarbeit mit dem Regierungspräsidium Kassel, dem Planungsbüro und dem NABU Edertal.
Die Regeln für die Mitglieder des Ederfischereiclubs gewährleisten, dass die Menge der gefangenen Fische bestandsschonend ist: Die Fangzahl pro Mitglied ist stark begrenzt und die Fische müssen Mindestmaße haben. Stets sind nur wenige Angler am Fluss, so gibt es kaum Störungen der Tierwelt. Wir wollen wissen, warum das Fliegenfischen für alle Clubmitglieder Pflicht ist. „Das ist für uns selbstverständlich“, sagt Vogt, „eine naturnahe Form des Angelns und zugleich sportliche Herausforderung.“ Gefragt nach seinem Lieblingsfisch nennt Vogt die Bachforelle. Zusammen mit der Äsche ist sie Charakterart oder Leitfisch der Eder. Eigentlich, so erklärt er, wäre die untere Eder fischereibiologisch eine Barbenregion, aber durch den Ablass von kaltem Tiefenwasser aus dem Edersee gehört der Ederabschnitt zwischen Affoldern und der Kreisgrenze zur Äschenregion, denn die Lachsfische Äsche und auch Bachforelle brauchen kaltes, sauerstoffreiches Wasser. Nun aber die wichtige Frage: Wie hat sich die Renaturierung auf die Fischfauna ausgewirkt?
Insbesondere haben die beiden Leitfischarten profitiert, betont Vogt, aber auch Kleinfische wie Stichling und Hasel. Auch hat sich das Artenspektrum erweitert, insbesondere durch den Schneider, ein seltener Schwarmfisch, der auf der Roten Liste steht. Durch den deutlich verbesserten Strukturreichtum des Flusses haben die Fische mehr Versteckmöglichkeiten, was auch den Fraßdruck der Kormorane vermindert. Der Ederfischereiclub engagiert sich auch für Artenschutzmaßnahmen. Insbesondere wurden Elritzen wieder angesiedelt, die Nahrungsfischchen des Eisvogels sind. Die aus der Orke, einem Zufluss der Eder, stammenden Tiere haben sich bereits im ersten Jahr nach dem Aussetzen vermehrt. Auch Brutmöglichkeiten für den Eisvogel wurden von Clubmitgliedern gefördert. Durch aktuelle Untersuchungen wurden in der Eder 17 Fischarten (inklusive Zuwanderer aus Nachbargewässern) nachgewiesen. Nicht mehr vertreten ist die Barbe, weil der Fluss für die Brut zu kalt ist. Dem Forstrat Carl Waldeck aus Bergheim (1801-1868) verdanken wir Kenntnisse über den historischen Fischbestand der Eder. In der Waldeckischen Gemeinnützigen Zeitschrift des Jahres 1836 hat er dazu einen Aufsatz veröffentlicht. Darin listet er 20 Arten auf, von denen allerdings einige nur selten auftraten.
Zur Person: Stefan Vogt ist in Bad Wildungen aufgewachsen und er hat sich schon als Schüler für die Natur und deren Schutz interessiert. Nach dem Abitur am Gustav-Stresemann-Gymnasium studierte er die Fächer Biologie und Sport in Kassel. Der Oberstudienrat unterrichtet an der Gesamtschule Edertal. Er ist stellvertretender Vorsitzender des Ederfischereiclubs und engagiert sich auch im NABU.
Das Startseitenfoto zeigt Stefan Vogt beim Fliegenfischen in der Eder. (Foto: Wolfgang Lübcke)